Deutscher Caritasverband e. V./KNA
Jeder ratsuchenden Person sollte die ihrem Bedarf entsprechende Unterstützung zur Verfügung stehen und damit Teilhabe und Perspektiven ermöglicht werden - dafür setzen sich die sieben Leipziger Migrationsfachdienste (MFD) nicht nur am heutigen Aktionstag ein.
Bevor die MFD ihre Arbeit detailliert vorstellen, können Sie an diesem Best-practice Beispiel einen Eindruck über die Arbeit der MFD gewinnen.
Die Corona-Pandemie führte die Teilnehmerinnen des "Frauenvormittag" vom Seminar- in den digitalen Raum. In dem von einer Migrationsberatungsstelle angebotenen Kurs, können Frauen und Mütter zu Expertinnen in eigener Sache werden - es geht um Austausch, Wissen und frauenspezifische Themen. Mit dabei ist auch Yosan*, eine ehemalige Klientin der Migrationsberatung, die dort einen langen und intensiven Beratungsprozess durchlaufen hat. 2016 allein aus Eritrea nach Deutschland geflohen, benötigte die damals alleinerziehende Mutter Unterstützung in nahezu fast allen Lebensbereichen - von der Suche nach einer Wohnung über Möglichkeiten des Deutschlernens bis hin zur gesundheitlichen Versorgung. Es brauchte 2 ½ Jahre professionelle Beratung, um ihr Leben in geordnete Bahnen zu lenken. Yosan besucht den Frauenvormittag gemeinsam mit einer Freundin und kann dem Kurs schon in deutscher Sprache folgen. Inzwischen hat sie in Leipzig eine neue Familie gegründet und hier ihr neues Zuhause gefunden.
Menschen unterschiedlichen Alters mit Einwanderungsgeschichte erhalten Unterstützung zur Orientierung nach dem Ankommen in Deutschland und bei Fragen der Integration. Die Ratsuchenden kommen aus allen Teilen der Welt - aus Drittstaaten, aber zunehmend auch aus dem EU-Ausland. Das Angebot wird sehr rege in Anspruch genommen. Die Beratungsstellen werden finanziert durch das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimatund durch das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.
Starke Nachfrage
Die rechtlichen Regelungen sind komplex, die bürokratischen Hürden in Deutschland hoch. Der zugenommene Bedarf an Information und langfristiger Unterstützung für Zugewanderte ist in den letzten Jahren maßgeblich gestiegen. Die angebotenen Beratungssprachen in den Diensten sind sehr vielfältig. Die Kapazitäten der Fachdienste sind entsprechend sehr gut ausgelastet und stoßen an ihre Grenzen. Ratsuchende kontaktieren die Beratungsstellen nicht nur kurz nach ihrer Einreise in Deutschland mit allgemeinen Orientierungs- und Perspektivfragen. In den Beratungsprozessen entstehen Vertrauensverhältnisse. Oft werden die Beratungsfachkräfte auch später konsultiert, wenn Personen mit neuen Lebenssituationen und damit einhergehenden Fragen konfrontiert werden. Neben Neuzugewanderten sehen sich auch Personen, die bereits längere Zeit in Deutschland leben, immer wieder neuen Herausforderungen gegenüber gestellt und nehmen die professionellen Angebote der Migrationsfachdienste wahr.
Die Sicherstellung einer intensiven Begleitung ist auf Grund gestiegener Fallkomplexität und Fallzahlen eine anhaltend hohe Herausforderung. Dies erfordert eine bedarfsentsprechende Ausstattung der Migrationsfachdienste.
2020 wurden durch die Leipziger Beratungsstellen 3.181 Personen erreicht. Durchschnittlich wurden von einer Vollzeitkraft 202 Menschen intensiv beraten. Häufige Themenbereiche in der Beratung sind Aus- und Weiterbildung, berufliche Anerkennung und Arbeitsmarktintegration, das Erlernen der deutschen Sprache, Familiennachzug, die Bewältigung bürokratischer Herausforderungen sowie gesellschaftliche Teilhabe. Durch kompetente Information und Empowerment der Zielgruppe werden langfristig eine selbstständige Alltagsbewältigung und Unabhängigkeit sichergestellt.
Veränderungen durch Corona-Pandemie
Das letzte Jahr hat die Beratungspraxis verändert. Auf die pandemiebedingten Kontaktbeschränkungen haben die Einrichtungen flexibel mit einer Erweiterung ihrer Angebote auf Online-, Telefon- und E-Mail-Beratung reagiert. Die Beratung konnte somit durchgängig sichergestellt werden und die Folgen eingeschränkter Zugangsmöglichkeiten zu den Regeldiensten teils durch Übernahme einer Mittlungsfunktion für die Ratsuchenden in vielen Fällen abgemildert werden. Die Beratungszahlen sind 2020 im Vergleich zu den Vorjahren sogar leicht gestiegen. Die Migrationsfachdienste haben gerade in dieser Krisensituation wichtige systemrelevante Aufgaben übernommen, wie beispielsweise die Verbreitung mehrsprachiger Informationen zur Aufklärung über die Corona-Pandemie und erforderliche Schutzmaßnahmen. Aufgrund technischer und sprachlicher Zugangsbarrieren ist davon auszugehen, dass trotz umfangreicher Bemühungen der Beratungsdienste nicht alle Personen mit Unterstützungsbedarf erreicht werden konnten. Die in diesem Zusammenhang entstandenen Defizite müssen jedoch in der künftigen Arbeit der Beratungsstellen aufgefangen und ausgeglichen werden, so dass mit der Öffnung im Normalbetrieb mit einem enormen Anstieg der Beratungszahlen und komplexen Sachverhalten als Folge der Pandemie zu rechnen ist.
Gruppenangebote und interkulturelle Trainings ergänzen die Einzelfallberatung. Neben der sozialpädagogischen Beratung und Begleitung sind intensive Vernetzungs- und Öffentlichkeitsarbeit sowie Gremienarbeit auf kommunaler Ebene wichtige Aufgaben der Beratungsstellen. Die Beratungsfachkräfte nehmen oft eine Multiplikator:innenrolle ein und geben ihr migrationsspezifisches Wissen an Regeldienste und Fachberatungsstellen weiter. Die Migrationsfachdienste nehmen somit zusätzlich eine wichtige sozialpolitische und gemeinwesenorientierte Funktion wahr.
In Leipzig wird diese wertvolle Aufgabe geleistet von folgenden Trägern:
- Caritasverband Leipzig e.V.
- Deutsches Rotes Kreuz Kreisverband Leipzig-Stadt e.V.
- DRK Akademischer Kreisverband Leipzig e.V.
- IB Mitte gGmbH für Bildung und soziale Dienste
- Mosaik Leipzig e. V.
- Naomi e. V.
- Verband binationaler Familien und Partnerschaften, iaf e.V.